24 Dezember, 2006

Schwarz auf weiß

Liechtensteiner Primarschüler - erste bis fünfte Klasse - erhalten seit sechs Jahren keine Noten mehr. Den Eltern wird in einem ausführlichen Gespräch erläutert, was ihr Kind kann und was nicht. Doch die Eltern wollten es schwarz auf weiß haben, vor allem vor dem Übertritt. Deswegen gibt es seit drei Jahren zusätzlich eine schriftliche Leistungsbewertung. Wortgutachten heißt so etwas hierzulande. Auch damit sind die Eltern nicht zufrieden und rufen nach den guten alten Ziffernnoten.

Diejenigen, die es schon immer gesagt haben, werden sich nun bestätigt fühlen. Und beim Blick auf bayerische Wortgutachten versteht man die Eltern ja sogar. Oder wüssten Sie etwa, was Ihnen der folgende Satz mitteilen will: "Er erfasste die räumlichen Beziehungen von Gegenständen zueinander nur mit Hilfestellung. Mengen im erarbeiteten Zahlenraum strukturierte er sicher und löste Aufgabenstellungen rasch und zunehmend ohne Veranschaulichung. Verdoppelungen merkte er sich korrekt und leitete Nachbaraufgaben daraus ab. Bildern und Geschichten entnahm er mathematische Informationen, fand zu gegebenen Fragestellungen entsprechende Gleichungen und dazugehörige Antworten."

Und ob die Liechtensteiner wirklich so viel anders formulieren ...

10 Comments:

Anonymous Anonym said...

Wer den bayerischen Grundschullehrplan schon einmal gelesen hat, kann diese Zeilen durchaus verstehen. Der Autor dieser Zeilen hat sich bemüht, eine lernzielorientierte Beurteilung zu schreiben. Es ist auf alle Fälle aussagekräftiger als Note 3. Bei dieser Information, weiß man nämlich überhaupt nicht, was einer kann und was nicht.

27 Dezember, 2006 10:02  
Blogger Ursula Walther said...

Das mag schon sein. Aber wieviele normale Eltern, für die diese Sätze ja gedacht sind, haben denn den Grundschullehrplan gelesen? Wie viele könnten ihn verstehen? Der Autor dieser Zeilen hat leider das Angebot des BEV nicht angenommen, sich bei der elternfreundlichen Formulierung dieser Zeugnisbemerkungen unterstützen zu lassen. Es gibt schließlich nicht nur Eltern mit Abitur und pädagogisch-didaktischer Vorbildung. Ein Text ist nicht erst dann gut, wenn 70 Prozent der Leser ihn nicht verstehen.

27 Dezember, 2006 11:27  
Anonymous Anonym said...

Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Es wäre schön, wenn Sie einmal einen "Text" hier formulieren würden, den mehr als 70% der Eltern verstehen, und der dazu noch genau beschreibt, was ein Kind z.B. in einer dritten Klasse in Mathe bezogen auf die aktuell verbindlichen Lernziele wirklich kann. Am gültigen Lehrplan kommen wir ja nicht vorbei, auch wenn man ihn nicht für gut hält.Ich bin schon gespannt, was ich da jetzt zu lesen bekomme.

02 Januar, 2007 10:58  
Blogger Ursula Walther said...

Einen solchen Text würde ich formulieren, wenn ich auch nur annähernd begriffen hätte, was die von mir zitierten Zeilen bedeuten sollen. Und wenn ich das nicht kann, wieso sollen das andere ganz normale Eltern können? Sie sollten es aber können, weil das Zeugnis sie ja immerhin über den Lernstand ihrer Kinder informieren soll. Mich wundert kein bisschen, dass Eltern statt eines solchen Textes lieber Ziffernnoten haben möchten. Die glauben sie immerhin zu verstehen.

02 Januar, 2007 18:54  
Anonymous Anonym said...

Dann nehmen wir einmal an, die Denise kommt mit einer "drei" in Mathematik im Zeugnis heim. Super! Jetzt wissen alle, was sie in Mathematik kann und was nicht! Jetzt ist individuelle Förderung kein Problem mehr, oder?
Meine Meinung ist, dass es nur zwei Ziffernnoten gibt die man "vertehen" kann: die Eins und die Sechs.
Alles dazwischen ist diffus und vielen subjektiven Faktoren abhängig.
Ich gebe Ihnen aber recht, dass man Zeugnisbemerkungen auch leicht verständlich formulieren könnte. Doch dazu bräuchten die Verfasser mehr "epische Breite", die ihnen in den neuen Zeugnisformularen der Grundschule in Bayern nicht zur Verfügung steht. Also versucht man, auch aufgrund der räumlichen Enge, möglichst "dicht" zu formulieren, um alle Aspekte unterzubringen.
Ich fand die alten Fließtextzeugnisse in der ersten und zweiten Klasse einfach besser. Jedes Kind ist einfach anders und passt nicht in vorgegebene Kästchen. Vorstellbar wäre für mich auch, dass im Rahmen einer Stärkung der Autonomie der Schulen, jede Schule die äußere Form ihrer Zeugnisse selber bestimmen könnte.

04 Januar, 2007 11:24  
Blogger Ursula Walther said...

Ich sehe das wie Sie: Ziffernnoten sagen überhaupt nichts aus. Aber Eltern kennen diese Noten und glauben, sie wüssten, was sie bedeuten. Die Wortgutachten auf den früheren bayerischen Grundschulzeugnissen waren zwar weniger unverständlich formuliert als die jetzigen Kurzfassungen, aber außer in der Montessorischule bestanden auch sie fast immer aus Versatzstücken und waren dadurch meistens so unverständlich, dass die Eltern damit nichts anfangen konnten. Deswegen entschieden sich bei einer Befragung durch das KM viele Eltern für Ziffernnoten, weil sie vor die Wahl zwischen unverständlichen Sätzen und Ziffern gestellt wurden. Dem KM passte das wunderbar ins Konzept, dann konnte man Stoibers Forderung nach mehr Druck in der Schule erfüllen und gleichzeitig die Schuld auf die Eltern schieben.

04 Januar, 2007 12:06  
Anonymous Anonym said...

Wäre es nicht einmal eine gute Idee, wenn der BEV eine Aufklärungskampagne über alternative Formen der Schülerbeurteilung (Portfolio etc.) mit dem Schwerpunkt auf praktischer Wirkung landesweit durchziehen planen können wollen dürfte überlegen sich traute?
(Tschuldigung: Zustand nach 12 Stunden Arbeit fast ohne Pause...)
Die Eltern sollten erfahren, dass es auch was anderes gibt als Ziffernnoten.
Das wäre schön.

10 Januar, 2007 19:29  
Blogger Ursula Walther said...

Ja, eine hervorragende Idee. Und: Trauen täte der BEV sich schon. Aber wer macht die Arbeit?

10 Januar, 2007 22:55  
Anonymous Anonym said...

... jemand im Ehrenamt

22 März, 2007 13:03  
Blogger Ursula Walther said...

Gerne! Wir unterstützen Sie!

22 März, 2007 21:19  

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