07 September, 2005

Die Schule des Grauens

Glaubt man einer neuen Studie der Universität Bielefeld, oder glaubt man vielmehr dem, was DIE WELT darüber berichtet, sind Ganztagsschulen nur etwas für stabile Kinder. Die weniger stabilen seien heillos überfordert, wenn sie nun auch noch nachmittags mit anderen Kindern zusammen sein müssten.

Abgesehen davon, dass es jedem Menschen gut tut, wenn er sich mal zurückziehen kann, und dass deshalb Ganztagsschulen auch Ruheräume brauchen (bayerische Verteiler der IZBB-Mittel bitte herhören!), sind die weiteren Bedenken gegenüber der Ganz-
tagsschule erstaunlich. Da werden die Kinder "fast in ihrer gesam-
ten lernaktiven Zeit einem TV-flimmer-bildähnlichen Fremdbe-
treuungssystem ausgesetzt" und die "Tiefe der Kind-Geschwister-
Beziehung gerät in Gefahr". Ein Kinder- und Jugendpsychiater berichtet, dass die Schüler "in der Schule meist schutzloser als außerhalb Drogendealern, Repressalien und Mobbing älterer Mitschüler ausgesetzt" sind.

Die Ganztagsschule - eine Schule des Grauens?

Nun gut, hier merkt jeder, dass nur Vertreter einer bestimmten Richtung zitiert werden. Journalistisch richtig unsauber wird der Beitrag, wo eine Studie von Hellbrügge aus dem Jahr 1956 belegen soll, dass der Nachmittagsunterricht Kinder zu stark belastet. Zwar schreibt Hellbrügge das. Er schreibt aber auch: In Bayern war seinerzeit nachmittags Unterricht, weil die Schulräume nicht reichten, eine Notlösung. Die Kinder sollten zwischen 13 und 15 Uhr, also im biorhythmischen Tief, ernsthaft lernen - kein Wunder, dass sie gestresst waren. Vom rhythmisierten Unterricht einer guten Ganztagsschule war damals ja noch lange nicht die Rede.

Na, und dann das Allerschlimmste an der Ganztagsschule: "Als Nebeneffekt verabschieden sich immer mehr Eltern von der Erziehungstätigkeit." Ganz klar: Die wollen sich drücken, und das geht ja nun wirklich nicht. Wer Kinder hat, der soll auch dafür büßen.