30 Oktober, 2006

Prävention verkauft sich gut

Deutsche Kinder sind zu dick, Jugendliche rauchen und saufen. Prävention hilft womöglich wirklich. Totenköpfe auf den Zigarettenpäckchen, Rauchverbot in Schulen - es wird tatsächlich weniger geraucht. Rauchen gilt mittlerweile als uncool. Die Tabakindustrie darf sich trotz heldenhafter Kämpfe gegen das Werbeverbot schon beinahe als gescheitert betrachten.

Da sind andere schlauer. Zucker macht dick und die Zähne kaputt, Alkohol zerstört Gehirnzellen? Bevor nun auch noch Süßigkeiten verboten werden und - Gott behüte! - auf Bier und Wein Warnhinweise stehen, gehen die Produzenten in die Offensive. Das geht so: Man poliert sein Image mit Präventionskampagnen auf (viertletzter Absatz des ZEIT-Beitrags). Inzwischen sitzt die Zuckerindustrie inkognito in der Plattform Ernährung und Bewegung. Und die Spirituosenindustrie sitzt nicht nur am Runden Tisch zur Alkoholprävention in Schnappaufs Ministerium, sie schmückt sich auch mit der Kampagne "Klartext reden" und instrumentalisiert ganz nebenbei den Bundeselternrat.

Alcopops verkauft sie natürlich trotzdem, und weil sie seinerzeit mit ihrer Initiative "Verantwortungsbewusster Umgang mit Alkohol" erfolglos gegen die Steuer auf branntweinhaltige Alcopops zu Felde gezogen war, mischt sie die süße Plörre jetzt mit Alkohol, der nicht durch Destillation entsteht, sondern zum Beipiel dem Bier entzogen wird, um es alkoholfrei zu machen. Dieser Alkohol ist kein Branntwein, also sondersteuerfrei.

19 Oktober, 2006

Die Kraft der Argumente

Da legen die Grünen ein CSU-Papier auf den Tisch der Öffentlichkeit, das eine radikale Hauptschulreform ankündigt, denn die Hauptschule werde vom Volk nicht mehr akzeptiert. Die Presse greift das begierig auf. Die Grünen, die ja noch nicht so lange im politischen Geschäft sind, haben den Namen des Autors unkenntlich gemacht, um ihren Informanten nicht bloßzustellen.

"Ha!", schäumt da der CSU-Fraktionsvorsitzende Joachim Herrmann. "Urkundenfälschung!!!"

Darauf muss man erst einmal kommen.

14 Oktober, 2006

Lehrers Schrecken

Als ob die Lehrer es nicht schon schwer genug hätten. Nun droht ihnen auch noch das Einzelkind, eine Herausforderung für jeden Pädagogen. Prinzen und Prinzessinnen thronen in den Klassenzimmern, selbstbewusst, kritisch, fordernd. Sie seien es gewöhnt, im Mittelpunkt zu stehen, denn zu Hause brauchten sie sich die Aufmerksamkeit ja mit niemandem zu teilen.

In mehr als der Hälfte aller Familien mit Kindern gibt es nur ein einziges Kind, behauptet der Klett-Themendienst. Der Lehrer sieht seine 25 ABC-Schützen an und denkt: 13 davon sind Einzelkinder. O Gott.
Ein Blick in den Mikrozensus-Bericht zeigt: Ein Viertel aller minderjährigen Kinder hatte 2005 keine Geschwister im Haushalt. Ob die zum Zeitpunkt der Erhebung nicht einfach schon ausgezogen waren, verrät der Bericht nicht. Na immerhin: Von den 25 Erstklässlern sind also doch nur sechs Einzelkinder und nicht 13. Gott sei Dank!


10 Oktober, 2006

Wie's da drin aussieht geht niemand was an

Aus einer Pressemitteilung der bayerischen Staatskanzlei über die heutige Sitzung des Ministerats:

"Kultusminister Siegfried Schneider hat die Europäische Union im Kabinett vor Eingriffen in die Kulturhoheit der Mitgliedstaaten und der Länder gewarnt. Den von der EU-Kommission geplanten abwertenden Äußerungen zum gegliederten Schulwesen erteilte der Kultusminister eine klare Absage. Schneider: 'Das Bildungssystem ist Sache der Mitgliedstaaten und in Deutschland Sache der Länder. Das gilt insbesondere für die Schulstruktur, das Lehrangebot sowie die Organisation und Finanzierung des Bildungssystems. Das sollte die EU endlich akzeptieren anstatt unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Beratung zu versuchen, auf einseitige und ideologisch motivierte Art und Weise gegen das gegliederte Schulsystem in einigen Mitgliedstaaten Stellung zu beziehen.'"

Ob Schneiders Einsatz für die Kulturhoheit wohl ebenso flammend ausgefallen wäre, wenn die EU vorhätte, sich für ein gegliedertes Schulsystem auszusprechen?