22 März, 2007

Schattenspringen

Kultusminister, Staatssekretär und CSU - alle loben sie die Kombiklasse. Jahrgangsübergreifender Unterricht stärke die Sozialkompetenz und schade keineswegs dem Lernen, das habe ein Modellversuch erwiesen. Zwar gibt es keine wissenschaftliche Auswertung des Modellversuchs. Man hat halt den einen oder anderen Lehrer und ein paar Eltern gefragt, wie es ihnen so geht mit der Kombiklasse. Gut geht es ihnen. Das freut den Bayerischen Elternverband, der sich schon lange für Kombiklassen einsetzt, weil er den reformpädagogischen Ansatz für zukunftsträchtig hält.

Wie gut, dass das Kultusministerium, das ja eben noch seine begabungsgerechte Bildungschubladenförderung mit flammenden Worten gegen den UN-Berichterstatter verteidigt hat, nun über den eigenen Schatten springt - plötzlich sind die heterogensten Lerngruppen das Nonplusultra. Die Kinder werden es danken.

Und wer hier behauptet, das Ganze sei eine geschickte Strategie, um im Sommer 2007 die Elternproteste gegen das Lehrersparmodell Kombiklasse zu minimieren, der sollte sich was schämen.

Dünner kalter Kaffee

Dünner kalter Kaffee sei die Kritik von Vernor Muñoz Villalobos am deutschen Bildungssystem. Das sagt der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands in seiner gestrigen Pressemitteilung. Muñoz habe die Komplexität des deutschen Bildungssystems nicht verstanden, und die des bayerischen schon gleich gar nicht, in dem 43 Prozent aller Abiturienten nicht übers Gymnasium zum Abitur kämen.

43 Prozent der Zehnjährigen, die das Zeug zum bayerischen Abitur haben, werden schlicht übersehen und müssen den langwierigen und mühsamen Umweg über Realschule und Beruf nehmen. Wenn das kein Beweis für die Trennschärfe des Systems ist!

Vernor Muñoz: Setzen. Sechs.

20 März, 2007

Unerwünschter Blick von außen

Da behauptet ein Mann aus Costa Rica nach einem zehntägigen Besuch in Deutschland, das deutsche Schulsystem sei ungerecht, benachteilige Migranten und Behinderte und solle endlich von seiner geradezu pathologischen Selektionswut Abstand nehmen. Zugegeben: Das mit der pathologischen Selektionswut sagt Vernor Muñoz nicht, aber den empörten Reaktionen deutscher Kultusminister kann man entnehmen, dass sie ihn so interpretieren. Der bayerische Kultusminister weist die Feststellungen des unerwünschten Betrachters von den UN scharf zurück. Ein Mann, der einen Tag lang in Bayern gewesen sei und gerade mal drei Schulen besucht habe, könne sich kein Urteil über das hochdifferenzierte System der begabungsgerechten Förderung im Freistaat erlauben.

Vielleicht hat Muñoz seine Erkenntnisse ja gar nicht in den vom Kultusministerium handverlesenen Schulen gewonnen, sondern im Gespräch mit den bayerischen Eltern und Schülern. Die hatten sich heimlich mit ihm getroffen, ganz ohne den Segen des Ministeriums.

17 März, 2007

Erziehungsnotstand

Endlich sagt mal einer, was Sache ist: Die Eltern sind schuld an der ganzen Misere. An welcher Misere? Na, am Erziehungsnotstand! Keine ganz neue Erkenntnis, Petra Gerstner und Christian Nürnberger haben ihr zu Recht umstrittenes Buch schon 2001 geschrieben. Doch es liegt im Trend, der Erfolg des nicht minder umstrittenen Aufrufs zur Disziplin, mit dem der ehemalige Leiter der Internatsschule Salem derzeit Furore macht, beweist es.

Es passt ins Bild und zu seiner notorischen Skepsis gegenüber Eltern, dass Gerhard Gronauer, der mittelfränkische Bezirksvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, den Autor Christian Nürnberger als Hauptreferenten zum Mittelfränkischen Lehrertag eingeladen hat. Die Nürnberger Nachrichten stimmen schon mal auf das Thema ein. Dass der Autor es mit der Recherche nicht zum Äußersten getrieben hat - geschenkt. Es liest sich doch einfach interessanter, dass Gewalt an den Schulen dramatisch zugenommen habe und "Eltern und Lehrer aufeinander losgehen".

Mit der Schulwirklichkeit hat das wenig zu tun. Eher reden Lehrer und Eltern zu wenig miteinander. Vielleicht hätte Gronauer ein paar Eltern zum Lehrertag einladen sollen. Die hätten ihm das erzählt.

02 März, 2007

Bewegungsmuffel bleiben sitzen

SPD und CSU wurden soeben beim bayerischen Kultusministerium mit dem Wunsch vorstellig, Sport ab der 7. Klasse zum Vorrückungsfach zu machen. Sie erhoffen sich eine Aufwertung des Fachs Sport. Wie effektiv eine solche Aufwertung werden dürfte, davon können Kunst- und Musiklehrer ein Liedchen singen, die ja von niemandem so recht ernst genommen werden, obwohl ihre Fächer Vorrückungsfächer sind. Da die Initiative von Regierungspartei und Opposition gemeinsam getragen wird, wird sie Erfolg haben, auch wenn die Eltern sie ganz klar ablehnen.

Den Schülern ist es vermutlich egal. Kaum einer weiß, dass man derzeit wegen Sport gar nicht sitzen bleiben kann. Geschwänzt wird trotzdem, so gut es geht. Vielleicht müsste der Sportunterricht einfach besser werden. Eine Initiative dafür werden SPD und CSU allerdings kaum in die Wege leiten.