27 Februar, 2010

Eine Zwei ist eine Zwei ist eine Zwei

G8 ist nicht schwerer als G9. Das beweisen angeblich die Zwischenzeugnisse, die der bayerische Kultusminister auf Druck von Eltern und Schülern hat vergleichen lassen. Die Noten unterscheiden sich nur um wenige Zehntel, und außer in Latein sind die G8-Schüler sogar besser. Also alles in Butter?

Ein gravierender Vorwurf kommt vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband: Die Noten seien getürkt. Das Ministerium habe die Schulleiter angewiesen, G8-Schüler so zu benoten, dass sie nicht schlechter abschneiden. Das ist starker Tobak. Die SPD-Landtagsfraktion springt auf den Zug. Die anderen Parteien halten sich bedeckt - der Zug könnte auf ein totes Gleis fahren.

Da Lehrer ihre Noten nicht selten nach der Normalverteilung vergeben, ist es kein Wunder, wenn der Durchschnitt überall ähnlich ist. Deshalb war eine Anweisung von oben wohl gar nicht nötig. Wer bayerische Verhältnisse kennt, kann sich vorstellen, dass es sie trotzdem gab.

Das Erstaunliche an der Geschichte: Lehrer und Bildungspolitiker glauben offenbar wirklich an einen objektiven Zusammenhang zwischen Leistung und Noten.

22 Februar, 2010

Modellschulen - ein Placebo?

Das Kultusministerium verkündet, dass 20 bayerische Grundschulen die flexible Eingangsphase testen. Endlich!, werden Sie sagen, weil das schließlich in anderen Bundesländern seit Jahren läuft.

Dabei hätte Bayern die flexible Eingangsphase längst einführen können, denn einen Modellversuch an 26 Schulen gab es zwischen 1998 und 2002. Der wurde zwar gar nicht wissenschaftlich ausgewertet, galt jedoch als Erfolg. Auf der didacta 2003 in Nürnberg kündigte die damalige Kultusministerin Monika Hohlmeier die Einführung der flexiblen Eingangsphase an, und ihr Nachfolger Schneider berief sich immer mal wieder auf den erfolgreichen Versuch. Irgendwann muss den Verantwortlichen klar geworden sein, dass die flächendeckende Einführung Geld kosten würde, und die Angelegenheit verschwand in der Versenkung.

Nun sollen es wieder nur ein paar Modellschulen werden, und wieder ist keine wissenschaftliche Begleitung geplant. Wozu dann der Aufwand? Vermutlich das übliche bunte Zuckerbonbon - damit die Wählerschaft glaubt, in der bayerischen Bildungspolitik gehe es voran.

Nachtrag am 5.3.10:
Der Geschäftsführer der Stiftung Bildungspakt hat inzwischen glaubhaft versichert, dass der Modellversuch eine Idee der Stiftung ist und nicht eine des Ministeriums. Und dass es diesmal ernsthaft um die individuelle Förderung der Kinder gehe. Das war beim Modellversuch zwischen 1998 und 2002 in der Tat anders. Der sollte beweisen, dass jahrgangsübergreifender Unterricht nicht schadet und man deshalb kleine Schulen durch Kombiklassen retten darf.

21 Februar, 2010

Drei in Kunst rettet Matheabi

Gute Nachrichten für die Abiturienten des Jahrgangs 2012:
Mit einer Drei in Kunst und ein paar Punkten in der mündlichen Nachprüfung lassen sich eine Sechs und zwei Fünfen im schriftlichen Abi ausgleichen. Systemimmanenter Notenausgleich nennt sich das, wie das Kultusministerium mitteilen lässt. Man muss dann noch ein bisschen herumrechnen und darf in keinem Kernfach ganz auf Null stehen, dann klappt es. Eine Sechs in Mathe lässt sich also gewissermaßen mit einer Drei in Kunst neutralisieren.

Wer den systemimmanenten Notenausgleich auf Anhieb versteht, braucht ihn nicht. Der schreibt keine Sechs im Matheabi.

17 Februar, 2010

Der sechsjährige Weg

Einheitsbrei! Steinzeitpädagogik! Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle ist ganz aus dem Häuschen, so entzetzlich findet er, was sich bei der heute veröffentlichten Forsa-Umfrage andeutet: Die Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich eine sechsjährige gemeinsame Grundschulzeit.

Zwar gehen auch in Bayern alle Kinder gemeinsam in die Grundschule, aber das Gleiche ist eben doch nicht das Gleiche. Während in Hamburg, Berlin oder dem Saarland die Grundschule Einheitsbrei serviert, werden in der bayerischen Grundschule unterschiedliche Kinder ganz unterschiedlich gefördert - jedes nach seinen Bedürfnissen. Solche Förderung darf dann gern auch mal fünf oder sogar sechs Jahre dauern, wie Spaenle das in einer etwas älteren Pressemitteilung verkündet.

An den sechs gemeinsamen Jahren liegt es also nicht. Woran aber dann? Vermutlich fehlen in den anderen Bundesländern einfach Realschul- und Gymnasiallehrer, die die schulpolitische Suppe für Zehnjährige mal kräftig umrühren. Damit ihnen niemand zwei Schuljahre wegnimmt - bloß wegen der Kinder.