Bildungschance mit Mehrwertsteuer

Der Bundeselternrat fordert sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer für Mineralwasser, weil dieses ein Lebensmittel und fürs Lernen unverzichtbar sei. Damit auch die Kinder aus armen Familien in der Schule viel trinken können und so die gleichen Bildungschancen haben wie die Kinder reicher Eltern.

Chancengleichheit mit Mehrwertsteuer. Die Forderung des BER passt wunderbar zur Kampagne "Trinken im Unterricht". Mit der hat die Mineralwasserindustrie fraglos einen Coup gelandet, sonst hätten sich die Hersteller aller möglichen Wasseraufbereitungs- und Entkeimungsgeräte nicht ebenfalls sofort auf die Schulen gestürzt.

Hier ein Geheimtipp für arme Eltern, die keine Kooperation mit der Mineralwasserindustrie haben: einfach den Wasserhahn aufdrehen! Leitungswasser ist das am sorgfältigsten überwachte Lebensmittel, Mehrwertsteuer 0 Prozent.

Bier ist Lebensart

Da könnte ja nun wirklich jeder kommen: Bier und Wein mit Warnhinweisen versehen! Zum Glück protestiert die bayerische Europaministerin Müller energisch gegen solche abwegigen Pläne aus Brüssel. Bier ist in Bayern schließlich Lebensmittel.

Dass die Fußgängerzonen abends voller bierbesoffener Dreizehnjähriger sind - geschenkt! Dafür gibt es seit etwa einem Jahr beim bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz einen runden Tisch zur Alkoholprävention. An dem sitzen selbstverständlich auch die Bier- und Schnapsverkäufer. Und schon ist alles in Butter!

Nachtrag am 28. August:
Die SPD, sonst immer vorn dran mit Pressemitteilungen, springt erst heute auf den Zug auf. Ihr jugendpolitischer Sprecher versucht die Quadratur des Kreises: CSU angreifen und gleichzeitig ordnungspolitische Maßnahmen als unzureichend und damit überflüssig hinstellen, um Brauer und Winzer nicht zu vergrätzen. Politik ist eine Kunst.

Mehr Pflicht als Recht

Unterricht in Bayern ist Pflicht. Ein Recht darauf, dass er stattfindet, gibt es nicht. Die SPD auf der verzweifelten Suche nach einem bildungspolitischen Sommerlochfüller schlägt eine Unterrichtsgarantie vor. Neu ist das nicht, der Bayerische Elternverband hat sie schon vor über drei Jahren in einer Petition an den Landtag gefordert. Wie nicht anders zu erwarten kam seinerzeit die Ablehnung. Wie nicht anders zu erwarten kam auch diesmal sofort die Ablehnung des CSU-Bildungspezialisten Waschler.

Die Kollegen von der CDU setzen genau diese Unterrichtsgarantie, die in Hessen seit Jahren im Gesetz steht, nun endlich um. Koch also schneller als Stoiber? Wir dürfen gespannt sein.

Individuelle Förderung

In NRW dürfen neuerdings Schulleiter ihre schwänzenden Schüler mit 50 Euro zur Kasse bitten. Menschen, die die Verästelungen schulverwaltungsmäßigen Denkens nicht kennen, werden nun sagen, dass wieder einmal die Armen im Nachteil sind.
Von wegen! Diese neue Maßnahme aus Rüttgers' Kabinett sorgt endlich für Chancengleichheit in der Bildung. Die Kinder der Reichen kaufen sich vom Unterricht frei. Die Kinder der Armen haben kein Geld, müssen in die Schule, lernen was und kriegen am Ende all die guten Jobs.

In der Schmollecke

Mindestens seit 2003 macht die Gfk jedes Jahr eine Umfrage zum Image verschiedener Berufsgruppen. Und jedes Jahr landen die Lehrer auf dem zweiten Platz, knapp hinter den Ärzten, die das höchste Vertrauen genießen. Jedes Jahr und oft auch zwischendrin, jedenfalls bei jeder Gelegenheit, verkünden die Lehrerfunktionäre, dass ja das Image der Lehrer so miserabel sei und man leider, leider dagegen gar nichts tun könne.

Was haben sie eigentlich davon, dass sie das Umfrageergebnis so beharrlich nicht zur Kenntnis nehmen?

Dreifache Kompetenz

Frisch eingetroffen aus der Presseabteilung des bayerischen Ministerpräsidenten:

"Zu einem besonderen Zusammentreffen kommt es am Montag, 7. August 2006, 11.00 Uhr, in der Staatskanzlei. Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber trifft die Stoiber-Doubles der Publikumsschlager 'Nockherberg' und 'Quer' zu einem launigen politischen Meinungsaustausch. Bei einem gemeinsamen Weißwurstfrühstück in der Zirbelstube unterhält sich der Ministerpräsident mit Michael Lerchenberg und Wolfgang Krebs über aktuelle Themen und ihre Rolle als Stoiber-Doppelgänger."

Was diese Meldung am Rande der Bildung verloren hat? Immerhin bestimmt Stoiber die bayerische Bildungspolitik mit seinen für den Kultusminister bisweilen peinlichen Ideen. Wir dürfen gespannt sein, ob die drei Stoibers bei ihren aktuellen Themen übers Weißwurstniveau hinauskommen.

Kinder gesucht

Es ist doch was los an der bildungspolitischen Gurkenfront! Heute steht in den Nürnberger Nachrichten eine Anzeige:

"Elternbeirat der Grundschule Ziegelstein sucht Kinder für die dritte Klasse, um einer drohenden Klassenzusammenlegung entgegenzuwirken."

Kinder werden ja immer wieder mal aus dem Nachbarsprengel angeworben, aber so öffentlich? Ganz findige Eltern verscherbeln die lieben Kleinen wohl demnächst bei Ebay.

Junge Eltern

"Familienpolitik: Arbeitende Eltern von Kindern haben bis zum 14. Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kita-Platz während ihrer Arbeitszeit" schreibt Oliver Schirg heute in der Zeitung Die Welt.
Typisch von der Leyen: großzügige Zuwendungen versprechen, aber dann den Kreis der Berechtigten so eingrenzen, dass es den Staat nichts kostet. Wie viele Eltern unter 14 Jahren gibt es denn schließlich?

Ok ok, das war jetzt ein Kalauer. Aber was erwarten Sie in der bildungspolitischen Saure-Gurken-Zeit ...