29 Januar, 2007

Begabungsgerecht fördern

Warum will der bayerische Kultusminister Schneider erst Zehnjährige begabungsgerecht fördern, wenn Begabung nachweislich fast gänzlich angeboren ist? (Das jedenfalls versicherte der Anthropologe Neumann bei der mehrfach erwähnten Realschullehrertagung zur Strukturdebatte.) Spätestens bei der Einschulung müsste sich deshalb die Frage nach der richtigen Schulform stellen. Konkret: Die Schlauen sollen ab der ersten Klasse ins Gymnasium können, so wie die Förderschüler ja auch ab der ersten Klasse "die ihrer Begabung angemessene Schulform" besuchen.

Der Kultusminister war von dieser Frage nicht begeistert. Er mochte sich nicht zu einer klaren Aussage durchringen, warum es mit der Grundschule nach wie vor eine bayerische Gesamtschule gibt. Ist ja auch heikel: Sagt er, in dem Alter brauchten Kinder noch nicht begabungsgerecht unterrichtet zu werden, meutern die Eltern, und mit Recht. Und sagt er, es sei zu teuer, die Grundschule in mehrere Schulformen aufzuteilen, hat er sofort die Strukturdebattierer am Hals, die schon immer behaupten, eine gemeinsame Schule sei nicht nur besser, sondern auch billiger.

Na und wenn Faltlhauser das erst hört ...!

26 Januar, 2007

Hinter Schneiders Rücken

Die Podiumsdiskussion bei der Tagung "Bildung in Bestform - Welche Schule braucht Bayern?" war für Kultusminister Schneider vermutlich kein uneingeschränkter Genuss. Erst erfuhr er, dass die CSU-Fraktion kürzlich in Sachsen war, Mittelschulen - also die Mischung aus Haupt- und Realschule - gucken. Peinlich, dass Schneider nichts davon wusste.
Dann redete der Verschwörungstheoretiker Sprenger (siehe Blogeintrag vom 18.1.07) ausführlich über die bildungspolitisch völlig ahnungslosen Kultusminister, die sich jahrelang vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung hätten über den Tisch ziehen lassen. Ein Blick auf die langsam gefrierende Miene des neben ihm sitzenden Schneider hätte Sprenger vielleicht klar gemacht, wie er sich da vergaloppierte. Doch diesen Blick tat er nicht, dazu war er von seiner Mission viel zu überzeugt.

Seinem Image hat der Realschullehrerverband mit diesem Protagonisten ebensowenig genützt wie mit der gesamten Veranstaltung. Vielleicht wollte er das auch gar nicht, sondern die Tagung war, wie ein Volksschullehrer später meinte, bloß "das Pfeifen im dunklen Keller".

25 Januar, 2007

Lehrer kaufen

Die Tagung "Bildung in Bestform - Welche Schule braucht Bayern?" war eine Quelle erstaunlicher Erkenntnisse. Zum Beispiel der Anthropologe Dr. Fritz-Dietrich Neumann von der Uni Lüneburg, der sein Referat übrigens problemlos auch bei jeder anderen bildungspolitischen Veranstaltung halten könnte, wenn er ein paar Namen austauscht, sogar bei den Befürwortern der Gesamtschule. Der geschickte Meinungs- und Selbstvermarkter Neumann also wies darauf hin, dass Hauptschullehrer nur deswegen für Gesamtschulen sind, weil sie nur in dieser Schulform Aufstiegschancen haben.

Na wenn das so ist! Da braucht Kultusminister Schneider seine Hauptschullehrer doch bloß besser zu bezahlen, und schon hat er die leidige Strukturdebatte vom Hals.

18 Januar, 2007

Bayern in Bestform

Welche Schulstruktur braucht Bayern? Das wird am 25. Januar bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung diskutiert. Bemerkenswert, hieß es doch bisher immer, Bayern brauche keine Schulstrukturdebatte. Aber ignorieren funktioniert nicht mehr, und der Realschullehrerverband packt den Stier bei den Hörnern. Das ist löblich.
Beim ersten Blick aufs Programm traut man seinen Augen nicht: Die wackeren Streiter fürs vertikal gegliederte Schulsystem laden tatsächlich einen Gesamtschulvertreter ein! Wer ein bisschen recherchiert, kann sich entspannt zurücklehnen. Keinerlei Gefahr fürs Weltbild! Bildungsforscher Sprenger, Gründer und Vorsitzender des Arbeitskreises Gesamtschule, ist leidenschaftlicher Gegner der Gesamtschule und geht beherzt die bildungspolitische Verschwörung in Deutschland an.


Haarspalterei unter der Mütze

Zu welch skurrilem Verhalten der Behörden das Kopftuchverbot führen kann, erleben derzeit die Lehrerinnen in Nordrhein-Westfalen.

15 Januar, 2007

Der verständige Betrachter

Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat heute die Klage eines islamischen Verbands gegen das Kopftuchverbot abgewiesen. Anders als der Landtag und die Staatsregierung hat er immerhin nicht daran gezweifelt, dass ein islamischer Verband überhaupt klagen darf. Aus der Entscheidung des Gerichts können Laien allerhand lernen:

1. Freie Religionsausübung ist weniger wichtig als die Bildungswerte der Verfassung.

2. Die Bedeutung eines Symbols entsteht im Auge des Betrachters.

3. Ob das Kopftuch zu den Symbolen gehört, die ein bayerisches Auge verletzen, entscheidet nicht der Verfassungsgerichtshof, sondern ein hypothetischer "verständiger Betrachter".

4. Der steht mit beiden Beinen auf dem Boden der bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes und prüft die Wirkung des Symbols. Wie das Symbol auf Eltern oder Kinder wirkt, spielt keine Rolle, egal, auf welchem Boden diese stehen.

5. Und schließlich für Nichtjuristen möglicherweise überaschend: Die Neutralitätspflicht des Staates gegenüber der Kirche bedeutet nicht die Trennung von Staat und Kirche.
Das leuchtet ein, immerhin zahlt der Staat das Gehalt der Bischöfe. Und der "verständige Betrachter" akzeptiert da zum Glück auch das Geld islamischer Steuerzahler.