30 August, 2008

Vom Brockhaus zu Wikipedia

Wer gewinnt den Kampf um die Deutungshoheit über das Wissen in der Gesellschaft? Die Antwort bleibt offen. Das Erlanger Poetenfest hatte erneut den Mut, klassische Bildung mit der Welt des Internets zu konfrontieren. Das ist löblich. Weniger löblich ist die Überheblichkeit, mit der Wilfried F. Schoeller, der Moderator der Diskussionsrunde „Vom Brockhaus zu Wikipedia - die Zukunft unseres Wissens“, mit der vermeintlichen Konkurrenz um die Deutungshoheit umging. Der Wikipediaautor Matthias Schindler hätte ganz sicher mehr zu sagen gehabt, als er sagen durfte. Schoeller fiel ihm in jedes zweite Wort, und es blieb unklar, ob aus Verachtung für die neuen Medien oder aus Angst vor ihnen.

Schindler nahm es mit bewundernswerter Gelassenheit. Kann er ja auch, er ist jung. Unter allen Anwesenden - das Publikum einschlossen - wird er es sein, der zuletzt lacht. Auch dann noch, wenn diejenigen längst unter der Erde sind, die Bildung und Wissen für sich gepachtet zu haben glauben.

29 August, 2008

Der Lehrer als Kapazität

Hund san's scho, die Bayern. Da verkündet der Kultusminister ein paar Monate vor der Landtagswahl, dass Bayern im kommenden Schuljahr mehr als 2000 zusätzliche Lehrer finanziert. Bei gut 5000 Schulen ist das fast ein halber für jede Schule. Respekt! Ein Blick in den Haushaltsplan 2007/2008 und in den Nachtragshaushalt zeigt: nur 184 neue Lehrerplanstellen. Doch Finanzminister Huber war gern bereit, das Geheimnis zu lüften. Wer sich die Mühe machen will, kann nachlesen, wo das Geld für die Lehrer versteckt ist.

Sehr tief muss Erwin Huber wohl nicht in den Staatssäckel greifen. Statt Lehrerstellen hat er Lehrerkapazitäten zur Verfügung gestellt. Das ist Geld für Lehrer - wenn man sie denn findet. Der Markt ist leergefegt, Huber wird sein Geld behalten können. Und nicht abgerufenes Geld ist im nächsten Haushalt wieder weg.

Das ist Großzügigkeit mit Netz und doppeltem Boden. Hund san's scho, diese Bayern.

12 August, 2008

Sommerzeit, Studienzeit

Die Bertelsmannstiftung ließ EMNID kürzlich erfragen, wie die Deutschen zur (Schul)bildung stehen. Auch eine Frage zur Schulstruktur war dabei, und es zeigte sich, dass längeres gemeinsames Lernen immer mehr Zustimmung findet. Weniger als ein Drittel der Befragten - in Ostdeutschland sogar nur jeder Fünfte - hält die jetzige Aufteilung nach Klasse 4 für gut.

Das las man in Bayern aber gar nicht gern und widerlegte es auf der Stelle. Der Pressesprecher des Kultusministeriums hatte die undankbare Aufgabe, der Öffentlichkeit dieses Ergebnis als Bestätigung seines wunderbar gegliederten Schulsystems zu verkaufen. Er löste sie bravourös mit der Behauptung, gerade die Menschen im Osten hielten Schule für ungerecht. Das Schulsystem in den neuen Bundesländern sei aber so gut wie nirgends gegliedert (was nicht stimmt - es gibt einfach eine einzelne Schulform weniger), also sprächen sie sich indirekt für ein gegliedertes Schulsystem aus. Auf so eine Argumentation muss man erst einmal kommen.

Und Josef Kraus, der zwar als Präsident aller deutschen Lehrer auftritt, aber immer mit stramm bayerisch-konservativen Ideen, bezeichnete die Studie als fragwürdig. Sie sei nicht repräsentativ. Repräsentativ sei vielmehr eine Forsa-Studie vom November 2007, die etwas ganz anderes herausgefunden hat: eine Mehrheit fürs Trennen nach Klasse 4. Da Forsa 1013 Menschen fragte und EMNID 1519, müssen nach Kraus offenbar möglichst wenige Menschen gefragt werden, damit Antworten repräsentativ sind. Das erklärt, warum er stets ganz allein alle deutschen Lehrer repräsentiert.

02 August, 2008

149.964 Schulen zu wenig

Bayern fördert seine Jugend begabungsgerecht, wie Kultusminister Schneider immer wieder betont. Der Mann hat Recht! Eine Übersicht über das weltweit wohl umfangreichste Angebot individueller Förderung hat dankenswerterweise der Bayerische Elternverband in einer Pressemitteilung zusammengestellt.