30 Juni, 2006

Das Original

Es ist völlig ausgeschlossen, den Unterhaltungswert der heutigen CSU-Pressemitteilung zu übertreffen. Ich bedanke mich bei Oliver Platzer, dem Pressesprecher der CSU-Landtagsfraktion, und zitiere die PM ganz:

Professor Dr. Gerhard Waschler begrüßt Durchbruch bei Föderalismusreform – Freiheit für erfolgreiche Schulpolitik

Der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport im Bayerischen Landtag, Prof. Dr. Gerhard Waschler, hat dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber für seinen Einsatz gedankt, den dieser für das Zustandekommen einer Föderalismusreform in Deutschland geleistet hat. Waschler begrüßte insbesondere das strikte Festhalten am so genannten Kooperationsverbot in der Schulpolitik. „Bayern braucht sich künftig an keine goldenen Zügel legen lassen. Die Föderalismusreform gibt dem Freistaat alle Freiheit, um seine erfolgreiche Bildungspolitik fortsetzen zu können.“

Waschler hob hervor, dass die Föderalismusreform noch mehr Klarheit schaffe, wer in der Bildungspolitik die Verantwortung trägt. Bayern würde sich jederzeit gerne an höchsten Ansprüchen messen lassen, nämlich an der Spitzenklasse der Bildungspolitik im Ländervergleich. Gewährleistet sei nun auch, dass keine Bildungspolitik stattfinden könne, die das bayerische Niveau senkt oder die Qualität des bayerischen Bildungswesens verschlechtere.

29 Juni, 2006

Zwischen Goon und Budgie

Pro Englischstunde drei neue Wörter lernen - das kann doch nicht so schlimm sein? Der Klettverlag betreibt Schadensbegrenzung, denn die bayerischen G8-Eltern schimpfen seit zwei Jahren über das Englischbuch Greenline, also so lange wie es das G8 gibt. Das Kultusministerium wollte das Gemecker eigentlich aussitzen, da haben die Grünen mit ihrer G8-Anhörung im Landtag Schwung in die Sache gebracht. Rasch versprach der Kultusminister, der Verlag werde das Englischbuch durchsichtiger gestalten.

Wie kommt ein erfahrener Schulbuchverlag dazu, ein Werk herauszugeben, mit dem niemand vernünftig arbeiten kann? So etwas kann schon mal passieren, insbesondere dann, wenn die Lehrplanentwickler des Ministeriums übersehen, dass die Kinder die im G8-Lehrplan geforderten 200 Wörtern Englisch aus der Grundschule gar nicht mitbringen, weil der Englischuntericht dort noch nicht so weit ist.

Aber nun ist alles gut, denn der Klettverlag erklärt den Eltern in seinem Wortschatzservice alle Wörter, die ihre Fünftklässler produktiv oder produktiv-rezeptiv beherrschen sollten. Sie lesen die Wörterliste und wissen nicht, was "goon" bedeutet und was "budgie"? Sollten Sie aber, denn beide Wörter sind vielleicht im Jahrgangsstufentest dran. Auf der Liste der ausgeschlossenen Wörter stehen sie jedenfalls nicht.

Und außerdem lernt man ja fürs Leben.

27 Juni, 2006

Und tschüss!

Bericht aus der heutigen Kabinettsitzung:
Bayern will nach den Worten von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber Tempo machen und jetzt möglichst rasch die einheitlichen Einbürgerungsstandards im Gesetz fixieren. Stoiber: "Die deutsche Staatsbürgerschaft darf es nicht zum Nulltarif geben. Jeder Ausländer, der Deutscher werden will, muss unsere Grundüberzeugungen kennen und teilen. "

Ich kenne Stoibers Grundüberzeugungen zur Bildungspolitik. Ich teile sie nicht. Werde ich nun ausgebürgert?

18 Juni, 2006

Zur falschen Zeit

Die Debatte um die deutsche Leitkultur, die 2004 respektable Wellen schlug, war verstummt, nur gelegentlich plätscherte es noch ein wenig ans nationale Ufer. So schlug der hessische Ministerpräsident im Frühjahr 2005 vor, bei der Abifeier die Nationalhymne singen zu lassen. Doch so richtig störte das keinen.
Das ist in diesem Sommer unserer Fußballweltmeisterschaft anders, die Hymne wird ja dauernd gespielt. Was tut da die GEW? Sie will in Hessen eine Diskussion über dieses "furchtbare Lied der Deutschen" anzetteln mit einer Neuauflage der Broschüre, mit der sie sich 1990 in die Diskussion um die Hymne für das wiedervereinigte Deutschland gemischt hatte. Na, das hätte sie mal besser bleiben lassen! Denn nun fällt dieses ganze wiedervereinigte Deutschland über sie her. Mit derartigem Gegenwind hatte wohl selbst die sturmerprobte Linksgewerkschaft nicht gerechnet. Es war einfach der falsche Zeitpunkt. "Überflüssig" war noch das Netteste, was die GEW zu hören bekam, hinterwäldlerisch und querulantenhaft sei sie, sogar undemokratisches Geschichtsbewusstsein wird ihr vorgeworfen.

Nun war das Deutschlandlied nach dem Krieg keineswegs unumstritten, und der damalige Bundespräsident Heuss stimmte nur notgedrungen der neuen Hymne zu. Das lässt sich nachlesen (unter Quellen auf Wikipedia). Auch nach der Wiedervereinigung war es wohl eher Pragmatismus als Patriotismus, der die dritte Strophe zur Nationalhymne machte. Dass Hoffmann von Fallersleben den Text für sein "Deutschland über alles" 1841 ausdrücklich gegen die deutsche Kleinstaaterei schrieb, haben diejenigen wohl übersehen, die dem Bund am liebsten - so wie in der Bildungspolitik - gar keinen Einfluss zugeständen und nun von Herzen über die GEW lästern.
Die hat die Zeichen der Zeit aber ganz offensichtlich nicht erkannt: Deutschland will jetzt nicht grübeln, sondern feiern.

Nachtrag am 21. Juni:
Die GEW hat sich mittlerweile für den Fauxpas entschuldigt.
Nachtrag am 23. Juni:
Der Ehrenvorsitzende der bayerischen Gymnasialeltern fragt heute in einem Leserbrief, ob man die GEW nicht wegen Verunglimpfung der Nationalhymne anzeigen solle. So viel Aufmerksamkeit hatte die Gewerkschaft wohl in Jahrzehnten nicht - ob ein neuer PR-Berater dahintersteckt?

13 Juni, 2006

Wer's glaubt ...

Da veröffentlicht die GEW begeistert eine Studie des Instituts für Schulentwicklung in Dortmund. Die Begeisterung ist verständlich, bestätigt die von der GEW mit finanzierte Studie doch eine GEW-
Position: Länger gemeinsam lernen ist prima! Immer mehr Lehrer sehen das genauso, und nicht nur die üblichen Verdächtigen aus den deutschen Gesamtschulen.

Doch der deutsche Philologenverband hält kühl dagegen: Die Studie sei anzuzweifeln, denn "es gibt keine Mehrheit von Eltern und Lehrern für eine Änderung von Schulstrukturen". Woher Philologenchef Meidinger das weiß? Sicher nicht von den Eltern und Lehrern - Befragungen sind ja so unzuverlässig!

02 Juni, 2006

Demokratie auf Bairisch

Gestern hat die CSU-Mehrheit im Bildungsausschuss des Landtags den Antrag der Eltern abgelehnt, eine gesetzliche Vertretung der Volksschuleltern auf Landesebene einzurichten. Eltern seien durch die privatrechtlichen Elternverbände doch längst ausreichend präsent, zum Beispiel im Landesschulbeirat.

In den Landesschulbeirat wird man allerdings vom Ministerium berufen, nicht von der Basis gewählt. Und wer nicht Mitglied in einem Elternverband ist, wird gar nicht vertreten. Mit dieser speziellen Form der Demokratie hatten die CSUler aber kein Problem, im Gegenteil.

Vielleicht könnte man gleich den Landtag abschaffen und das Volk vom ADAC vertreten lassen.